Einwendungs-Argumente

Einwendungs-Argumente

Einwendungen im Planfeststellungsverfahren für den Neubau und den Betrieb der 380-kV-Leitung Conneforde – Cloppenburg – Merzen (LH-14-325), Planfeststellungsabschnitt 3: Umspannwerk (UW) Garrel Ost – UW Cappeln West sowie Rückbau der bestehenden 220-kV-Leitung (LH-14-206) von Mast 125 (Höhe UW Garrel Ost) bis Mast 150 (UW Cloppenburg Ost)

Ihre Einwendungen sind bitte bis zum 8. November 2021 schriftlich zu richten an:

● die Gemeinde Cappeln, Am Markt 3, 49692 Cappeln
● und/oder an die Stadt Cloppenburg, Sevelter Straße 8, 49661 Cloppenburg
● oder auch an die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr,
Dezernat 41 „Planfeststellung“, Göttinger Chaussee 76 A, 30453 Hannover

Bitte versenden Sie keinen Einwendungen per Post – auf keinen Fall per Mail, da diese dann nicht im Verfahren berücksichtigt werden. Wir schlagen stattdessen vor, dass Sie Ihre persönlichen Widersprüche bis zum 7. November 2021 an uns in geschlossenen Briefumschlägen übergeben. Anschrift: Herzog-Erich-Weg 2, 49692 Cappeln-Dingel. Von hier aus fährt am 8. November um 9.30 Uhr eine Delegation im Treckerkorso zunächst zur Gemeinde Cappeln und anschließend zur Stadt Cloppenburg und übergibt – die verschlossenen in Briefumschlägen befindlichen Einwendungen – den beiden Bürgermeistern. Wir würden uns sehr freuen, wenn möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sich daran beteiligen würden.

Die Einwendungen werden öffentlichkeitswirksam – im Beisein von zumindest den hiesigen Lokalenzeitungen und dem überregionalen Rundfunk – übergeben.

Bitte richten Sie Ihre individuellen Einwendungen per Postbrief in Kopie auch an Herrn Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, (Planckstraße 2, 30169 Hannover) und an Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel (Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin). Nur so ist gewährleistet, dass wir überall gehört werden.

Grundsätzlich muss dem Vorhaben zunächst widersprochen werden – zum Beispiel wie folgt:

„Gegen den geplanten Bau der 380.000 Volt Überland-Starkstromleitung Conneforde – Cloppenburg – Merzen lege ich Widerspruch ein. Insbesondere widerspreche ich den Ausführungen und Planungen in den ausgelegten Planfeststellungsunterlagen, da diese in unzumutbarer Weise in mein und das Leben meiner Familie beziehungsweise meiner Verwandten, Freunde und Bekannten negativ eingreifen. Das kann und werde ich nicht akzeptieren.“

Persönliche Angaben

Bitte nennen Sie Details zu Ihrem Wohnumfeld, insbesondere dann, wenn Sie wahrscheinlich direkt von der geplanten Überland-Stromtrasse betroffen sein werden: Anschrift / Gemarkung / Flurnummer. Beschreiben Sie die Art Ihrer Immobilie(n) und wie diese genutzt wird/werden. Wer wohnt in dem Haus?  Wann wurde es gebaut oder erworben? Benennen Sie auch Ihre Ställe oder Produktionsanlagen und wer sich darin und wie lange pro Trag befindet und/oder was dort produziert wird. Schreiben Sie bitte auf, wie Sie oder Ihre Verwandten, Nachbarn, Freunde und Bekannten von der Freileitung wahrscheinlich betroffen sein werden:

● Zu geringe Abstände.
● Starke Beeinträchtigung der Lebensqualität.
● Befürchtung von Gesundheitsrisiken durch niederfrequente elektrische und magnetische Felder.
● Sichtbeziehung: „Ich muss ständig auf die Leitung und/oder die Strommasten sehen, auch wenn ich
mich in unserem Wohnzimmer aufhalte.“
● Wertverlust des Hauses (und anderer Immobilien): „Durch die deutlich sichtbare Nähe der geplanten Überlandstrom-Starkstromtrasse befürchten wir im Falle der Notwendigkeit eines Verkaufes unseres Eigenheimes einen mindestens 35prozentigen oder sogar höheren Wertverlust. (Bitte beachten Sie zu diesen und weiteren Punkten auch die nachfolgenden Ausführungen).

Gesundheitliche Auswirkungen auf uns Menschen

Weltweit wird seit vielen Jahren von den negativen gesundheitlichen Folgen, die von Überland-Starkstromleitungen ausgehen könnten, berichtet: Von erhöhten Herzrhythmusstörungen, von Depressionen, erhöhter Herzinfarkthäufigkeit, Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen sowie erhöhtem Leukämierisiko.1 Auch die internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation hat magnetische Hochfrequenzemissionen als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft.2

Offenbar wissenschaftlich wenig oder gar nicht untersucht wurde bisher, welche gesundheitlichen Auswirkungen eine 380.000 Volt Überland-Höchstspannungsleitung auf Babys, kleine Kinder, auf Frauen und Männer mit Vorerkrankungen (zum Beispiel Krebs) haben könnte. Fest steht: Falls die Freileitung – wie geplant – bald gebaut würde, könnte heute niemand guten Gewissens voraussagen, was diese an gesundheitlichen Schäden nicht anrichtet oder doch anrichtet. Das würde erst in Jahrzehnten richtig feststellbar und damit sichtbar werden. Und dann ist es für die Vorsorge zu spät.

Bevor in diesem Punkt nicht absolute Klarheit herrscht, also Gesundheitsrisiken nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden können, darf der Bau der geplanten Überland-Stromtrasse nicht einmal in Erwägung gezogen werden. Alles andere wäre unverantwortlich und steht außerdem im Widerspruch zu den Aufgaben der Raumordnung, der Landes- und Regionalplanung in Niedersachsen. (Bitte beachten Sie dazu die Eingangsausführungen auf dieser Internetpräsenz.)

Bitte schildern Sie in Ihrem Widerspruch Ihre persönliche Gesundheits- und/oder Krankheitsgeschichte – und dass Sie vorsichtig sein müssen und damit besonders schutzbedürftig sind. Machen Sie deutlich, falls dies den Tatsachsen entspricht, dass ihre Kinder oder Enkelkinder täglich oft mehrere Stunden zum Spielen draußen sind und Sie auf Dauer gesundheitliche Beeinträchtigungen beziehungsweise Schädigungen – durch die von der neuen 380-Kilovolt-Starkstromleitung erzeugten elektrischen und magnetischen Felder – befürchten.

Schreiben Sie über Ihre Sorgen aufgrund der hohen in Deutschland geltenden Grenzwerte für elektromagnetische Felder (100 Mikrotesla). In mehreren europäischen Ländern werden die durch den Stromfluss erzeugten Grenzwerte deutlich kritischer eingestuft. Zum Beispiel in:
Dänemark: Die Magnetfeldmessung durch Stromversorger bei Neuanlagen soll im Jahresdurchschnitt 0,4 Mikrotesla nicht überschreiten. In unserem nördlichen Nachbarland dürfen sich keine Kindergärten und Neubauten, ganz gleich welcher Art, in der Nähe einer Hochspannungsleitung befinden.
Italien: Der Eingreifwert/Schwellenwert beträgt 10 Mikrotesla für bestehende Anlagen bei Kinderspielplätzen, Wohnungen und Gebieten, in denen sich Menschen 4 Stunden oder länger pro Tag aufhalten.
Noch strengere Richtlinien gelten in Italien in drei Regionen, in der der Wert lediglich 0,2 Mikrotesla betragen darf.
Liechtenstein: Hier ist der Grenzwert im Sinne der gesundheitlichen Vorsorge auf 1 Mikrotesla für Neuanlagen und in Orten mit empfindlicher Nutzung festgelegt worden.
Litauen: Maximal 40 Mikrotesla dürfen die magnetischen Felder außerhalb von Gebäuden betragen. Und eine Begrenzung von 20 Mikrotesla gilt innerhalb von Wohnungen, öffentlichen Gebäuden (zum Beispiel Kindergärten und Schulen) sowie Büros.
Niederlande: Maximal 0,4 Tesla beträgt die Empfehlung des Ministeriums für Bau, Raumplanung und Umwelt zur Hochspannungsleitungen an Orten, an denen sich Kinder für lange Zeit aufhalten.
Schweiz: 1 Mikrotesla beträgt der Vorsorge-Grenzwert für Neuanlagen und Orte mit empfindlicher Nutzung, wobei nach dem 1. Februar 2000 installierte Anlagen als neu bezeichnet werden.
Slowenien: 10 Mikrotesla beträgt der Grenzwert in der Nähe von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Sanatorien, Spielplätzen, Parks, Erholungszonen, öffentlichen Gebäuden, Ausflugszielen und Wohnungen.3

Erwähnen Sie auch in ihren Einwendungen: „Ich befürchte gesundheitliche Risiken bei der Arbeit auf meinem Grundstück, auf meinem Feld in der Nähe der 380-Kilovolt-Überlandstromtrasse.“ Oder: „Ich habe Angst vor den gesundheitlichen Gefahren beim Ausüben sportlicher Aktivitäten.“ Außerdem: „Ich fürchte um meine Tages- und vor allem Nachtruhe, da insbesondere bei Schlechtwetterlagen mit deutlich hörbaren und anhaltenden prasselnden Geräuschen durch elektrische Entladungen (Korona-Geräusche) gerechnet werden muss.“ Plus: „Ich habe Angst vor dem konstanten Geräuschpegel, der von dem hier geplanten Umspannwerk ausgehen wird. Wie soll vor allem meine kranke Mutter [Beispiel] hier noch leben und schlafen können?“ Und: „Meine derzeit bestehende Erholungs-, Lebens- und Wohnqualität sowie die meiner Familie wird grundsätzlich mit dem Bau der Tasse stark beeinträchtigt beziehungsweise geht völlig verloren. Schlimme Erkrankungen sind damit vorprogrammiert.“ Oder: „Ich erwarte menschen- und umweltverträgliche Erdkabellösungen.“

Auswirkungen auf Tiere, Landschaften und Naherholungsgebiete

Der von der geplanten Überland-Starkstromleitung zweifellos ausgehende Elektrosmog wird wahrscheinlich auch negative Einflüsse auf die hier in großer Anzahl frei laufenden Tiere, aber auch auf die Haustiere haben, auf Hunde, Katzen, Kühe, Pferde, Schweine… Besonders kritisch ist das Leben mit einer in der unmittelbaren Nähe befindlichen 380.000 Volt Überland-Stromtrasse für Tiere, die in Käfigen und Ställen leben, weil sie kaum oder gar keine Ausweichmöglichkeiten haben.
Benennen Sie in Ihren Einwendungen die in Ihrem Ortsteil beziehungsweise direkt vor Ihrer Haustüre lebenden Wildtiere. Benennen Sie genau den möglichst exakten Lebensraum der Tiere. Beispielsweise in Dingel und Lankum, vor allem im Taschenmoor, sind unter anderem folgende Tiere gesichtet worden: Kiebitze, Eidechsen, Bussarde, Feldhamster, Fasanen, Hirschkäfer, Eulen, Rehe, Eichhörnchen, Habichte, Iltisse, Wiesel, Maulwürfe, Baumfalken, Lurche, Frösche, Fledermäuse, Libellen, Kammmolche, Eisvögel, Spechte, Rebhühner, Rotmilan, Steinkäuze, Wachtelkönig, Wildbienen. Und nicht zuletzt die auch hier lebenden Kammmolche, die „unter strengem Artenschutz“ stehen – laut der Fauna-Flora-Habitat- Richtlinie, die von der Europäischen Union im Jahre 1992 beschlossen wurde und auch in Deutschland gilt.4 Wegen einer Kammmolchpopulation wurde unter anderem der ursprünglich vorgesehene Verlauf der Autobahn A49 in Hessen verlegt.5 Was in Hessen mit einer Autobahn gelungen ist, kann auch bei uns bezüglich der geplanten Freileitung gelingen.

Betonen Sie in Ihren Einwendungen, dass Sie Freude an den hier bei uns frei lebenden Tieren haben: „Auch die jetzt noch in der näheren und weiteren Umgebung lebenden zahlreichen Tierarten würden mit dem Bau der Stromtrasse, so befürchten wir, zum größten Teil gänzlich verjagt und/oder aussterben. Oft habe ich diese mit meinen Kindern mit großer Freude beobachten können. Das soll auch in Zukunft möglich sein.“

Als Jäger sollten Sie bitte alle in Ihrem Umfeld lebenden Tiere benennen und sinngemäß darüber hinaus formulieren: „Als Jäger bin ich auch Naturschützer. Ich sehe mit großen Sorgen die Tiere hier im nahe gelegenen Wald und in der freien Landschaft. Deren Lebensraum und Entfaltungsmöglichkeiten werden durch die neue Stromtrasse ganz erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Am Ende werden einige der besonders schützenswerten Tiere völlig aus unserer Ortschaft vertrieben. Das ist ein Frevel an unserer Natur,  die uns alle doch letztendlich am Leben hält.“

Andererseits werden durch noch mehr überirdische Stromleitungen zusätzlich Vögel in ihrem Bestand gefährdet. Laut dem Naturschutzbund Deutschland sterben schon jetzt bis zu 2,8 Millionen Vögel pro Jahr an Stromleitungen: „Im Hoch- und  Höchstspannungsnetz sind Kollisionen für Vögel die fast ausschließliche Todesursache.“6

Weisen Sie gegebenenfalls darauf hin, dass durch den Trassenbau eine in Jahrhunderten gewachsene Landschafts- und Ortzerschneidung stattfinden würde. „Das harmonische und wohlgeordnete Orts- und Landschaftsbild wird ohne jede Not zerstört. Auch befürchte ich den Verlust von vielen Bäumen, die wir als Sauerstoffproduzenten dringend weiterhin benötigen.“ Benennen Sie in Ihren Einwendungen gleichfalls Biotope, seltene und geschützte Pflanzen, Moore, Naturschutzgebiete… Dabei steht der geplante Überland-Starkstromtrassenbau im Gegensatz zu den im Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen genannten Zielen und Grundsätzen. (Bitte beachten Sie dazu die Eingangsausführungen auf dieser Internetpräsenz.)

Grundsätzliche Einwendungen 

Durch die Gemeinde Cappeln wurde ein wissenschaftliches Gutachten zum geplanten Netzausbau in Auftrag gegeben. Die international renommierten Professoren Heinrich Brakelmann (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Fakultät für Elektrotechnik) und Lorenz Jarass (School of Engineering, Stanford University, USA) haben es erarbeitet. Die beiden Wissenschaftler kommen unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

● Das „Raumordnungsverfahren beruht auf veralteten Annahmen.“
● Die „Anbindung der neuen Windstromübertragungsleitungen an die norddeutschen Verbrauchsregionen ist nicht erforderlich. Der ganz überwiegende Teil des Offshore [Seewind] und Onshore [landseitiger Wind] erzeugten Windstroms kann nur im Süden verbraucht werden.“
● „Die von TenneT im Raum Cloppenburg geplante kostenaufwändige Anbindung der neuen Windstromübertragungsleitungen an die norddeutschen Verbrauchsregionen ist deshalb nicht erforderlich.“
● Die „Windstromübertragung [ist] besser durch Gleichstrom statt durch Drehstrom“ gewährleistet. Denn: „Ohne neue Gleichstromleitungen wäre für die Übertragung des Windstroms ein erheblicher Drehstrom-Netzausbau bis weit nach Süden erforderlich.“7

Mit anderen Worten: Eine Vorzugsvariante hätte erst nach Abklärung der Verkabelungsmöglichkeiten bestimmt werden dürfen. Diese technische Alternative wurde jedoch bis heute nicht umfassend und damit nicht ernsthaft geprüft.

Lösung: Unterirdische Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen

Andere, bereits fertig gestellte Projekte beweisen, dass die Verlegung sowohl in der offenen See als auch unterirdisch auf dem Land zu 100 Prozent machbar sind: Ein Beispiel von vielen ist dafür die 580 Kilometer lange Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (HGÜ) zur Kopplung des norwegischen und des niederländischen Stromnetzes. Das 580 Kilometer lange Kabel verläuft vom niederländischen Eemshaven über den Boden der Nordsee ins norwegische Feda. 420 Kilometer der Kabelstrecke verlaufen in seichtem Gewässer bis zu 50 Metern und 160 Kilometer in einer Tiefe von bis zu 409 Metern. Die Leitung wird mit einer Gleichspannung von 450.000 Volt betrieben. Seit Mai 2008 wird dieses Netz erfolgreich genutzt.8

Auch das mit der Realisierung der Stromleitung im hiesigen Raum beauftragte Unternehmen TenneT stellt fest: „Im Gleichstrombereich ist der Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene weltweit gut erprobt. TenneT hat bereits rund 4.700 Kilometer Gleichstrom-Kabelprojekte mit insgesamt 20 Konvertern in Betrieb (Stand Juli 2021).“ Für die Landwirte heißt das: „Bereits nach kurzer Zeit sind keinerlei Abweichungen mehr beim Pflanzenwuchs über dem verlegten Erdkabel zu erkennen.“9 Das ist Stand der modernen Technik. Nur die sollte verbaut werden. Zumal im Bundesbedarfsplangesetz die geplante Stromleitung Conneforde – Cloppenburg – Merzen bereits als Pilotprojekt für die Erdverkabelung ausgewiesen ist.10
Dabei bietet die Gleichstromübertragungstechnologie (HGÜ-Technologie) – im Gegensatz zur Drehstromtechnik (AC-Technologie) – insbesondere bei langen Strecken ausschließlich Vorteile:

● Die verlustarme Übertragung ist gewährleistet.
● Der Erhalt der Systemsicherheit und Systemstabilität wird damit erreicht.
● Die Regel- und Steuerbarkeit im Netz ist sichergestellt.
● Die geringere Rauminanspruchnahme als durch den Drehstrom-Netzausbau ist frappierend.11 Die Trassenbreite beträgt lediglich ungefähr sieben Meter.12

Auch sieht bereits der 1. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2030 für das Jahr 2035 die Grenzen des Drehstrom-Netzausbaus erreicht. Darin wird auf die Grenzen der Drehstromtechnik hingewiesen und eine direkte Übertragung von Windstrom vom Norden in den Süden Deutschlands wie folgt begründet: „Auf langen Strecken stößt die AC-Technologie […] an ihre Grenzen.“ Das erfordere ohnehin den „Zubau weiterer HGÜ-Verbindungen“ ab 2035. Auch ist für den Zeitraum ab 2030 bereits jetzt klar, dass „für diese langen Entfernungen […] ein Ausbau des bestehenden Drehstromnetzes technisch und wirtschaftlich grundsätzlich nicht geeignet“ ist. Andererseits muss erst einmal das vorhandene Drehstromnetz optimiert werden, damit endgültig für die Integration von erneuerbaren Energien der erforderliche Zubau an Gleichstromleistungen verlässlich bestimmt werden kann.13

Auf diesem Hintergrund fragen sich nicht nur die beiden Wissenschaftler Brakelmann und Jarass völlig zu recht: „Warum wurden mehr und stärkere Gleichstromleitungen von Nord- nach Süddeutschland nicht weiter verfolgt, nachdem die überzeugende Problemanalyse zeigt, dass ein weiterer Ausbau des Drehstromnetzes nicht zielführend ist? Warum wurden in der alternativen Betrachtung stärkere Gleichstromverbindungen nur zusätzlich, aber nicht statt dem geplanten Ausbau des Drehstromnetzes untersucht?“14

Die Bundesnetzagentur mit Sitz in Bonn bestätigt ausdrücklich dieses Umdenken in ihrer Stellungnahme zur ersten Fassung des Gutachtens von Brakelmann und Jarass vom März 2017: „Allgemein kann man sagen, dass das Gutachten wichtige Punkte benennt. Zum Beispiel ist es vollkommen richtig, dass es einer Abwägung zwischen Wechselstromausbau und Gleichstrom-Ausbaubedarf bedarf.“15

Auf diesem Hintergrund ist unbedingt zu fragen: Warum wird mit der Zukunftstechnologie Gleichstrom-Verbindungen nicht sofort flächendeckend begonnen? Nochmals sei ausdrücklich festgehalten: Es spricht alles dafür, dass der Windstrom aus der Nordsee, der in Cloppenburg ankommt, ohne Konvertierung als Gleichstrom in den Süden unseres Landes transportiert werden sollte, ja muss. Und auch mit dem Onshore- Windstrom aus dem Raum Cloppenburg sollte so verfahren werden: Er wird ebenfalls in Gleichstrom konvertiert und in den Süden Deutschlands übertragen. Dort, und nur dort, wo er gebraucht wird, sollte er in Drehstrom konvertiert werden. Alles andere macht – auch ökonomisch – keinen Sinn, da nur die Hochspannungs-Gleichstromübertragungs-Technologie eine verlustarme Übertragung gewährleistet. Diese ist vor allem auf langen Strecken der Drehstrom-Technologie deutlich überlegen.16 Auch kann kein Blitz die unterirdisch verlegten Leitungen treffen, kein Orkan oder Starkregen ihnen etwas anhaben.

Auf den letzten Punkt ist in unserem Zeitalter nämlich unbedingt zu achten: Denn die gegenwärtig und zukünftig zu erwartenden Entwicklungen sprechen eine deutliche Sprache: Orkane, Tornados, Hagel und Starkregenereignisse werden aufgrund der realistisch auch in Zukunft weiter zu erwartenden Erderwärmung immer mehr zunehmen. Das geht unter anderem aus dem Klima-Risiko-Index hervor, den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation „Germanwatch“ vorgelegt hat. Der Index hat die  Folgen von Überflutungen, schweren Stürmen und Hitzewellen in der Zeitspanne von 2000 bis 2019 für fast viele Staaten der Erde verglichen. Deutschland liegt im Risikoindex von 20 Jahren global auf Rang 18 und ist damit der am stärksten betroffene Industriestaat.17

Kompensation für Wertverluste

Möchten Sie in Ihrem Einwand gegen den Bau der 380.000 Volt Überland-Starkstromtrasse auf den Wertverlust zum Beispiel Ihres Hauses, Ihrer Ställe, Ihrer Produktionsanlagen, Ihres Grundstückes hinweisen, wofür sehr vieles spricht, können Sie sinngemäß zum Beispiel folgende Formulierungen hinzufügen:

„Falls die Starkstrom-Überlandleitung – trotz der zahlreichen Widersprüche und der vorgeschlagenen menschenverträglichen Alternativen – gebaut werden sollte, erwarte ich für mich und meine Familie folgende Entschädigungszahlungen durch das Land Niedersachsen beziehungsweise durch die Bundesrepublik Deutschland:

● In unserem Haus müssen sämtliche Fenster und Außentüren gegen Schutzfenster und Schutztüren der höchsten Schallschutzklasse beziehungsweise gut gegen Elektrosmog abgeschirmte Fensterrahmen, Zargen und Türen ausgetauscht werden.
● Zahlung einer angemessenen Entschädigung (in Ihrem Widerspruch können Sie an dieser Stelle auch einen Betrag nennen) für die auf den Bau und Betrieb der geplanten Freileitung zurückzuführende Wertminderung unseres Hauses sowie für die emissionsbedingten Nutzungsbeeinträchtigungen unseres Gartens, unseres Gründstückes, unserer Nebengebäude und/oder unserer Ländereien.
● Darüber hinaus erwarten ich und meine Familie unverzüglich mindestens einwöchige Emissionsmessungen in unserem Garten und in unserem Haus zwecks Feststellung der jetzt schon bei uns vorhandenen Schadstoffkonzentration. Damit soll  festgestellt werden, ob weitere Belastungen für mich und meine Familie überhaupt tragbar beziehungsweise zulässig sind.“
● Und Sie können, falls Sie das möchten, Ihrer Einwendung noch hinzufügen: „Für den Fall, dass die 380.000 Volt Überland-Starkstromtrasse gebaut werden sollte, enthält dieses Einwendungsschreiben Änderungs- und/oder  Verbesserungsforderungen. Das bedeutet nicht, dass ich dem Bau der Freileitung zustimme. Mit den Leistungsforderungen geht es mir ausschließlich um die Schadensminimierung für mich und meine Familie unter besonderer Berücksichtigung meiner und die Rechte meiner Familie und rechtlich geschützter Interessen.“

Juristische Konsequenzen

Um Ihren Forderungen noch mehr Nachdruck zu verleihen, können Sie und ihre Familie, wenn Sie das für sinnvoll halten, beispielsweise wie folgt auf die möglichen juristischen Konsequenzen aufmerksam machen: „Falls an dem Vorhaben 380.000 Volt Überland-Starkstromtrasse festgehalten wird, würde ich mich einer Sammelklage vor dem Bundesverwaltungsgericht anschließen und diese finanziell unterstützen. Meiner Meinung nach hat diese Klage sehr gute Erfolgsaussichten.“
Oder Sie schreiben zum Beispiel: „Meine Familie und ich werden mit allen juristischen Mitteln und mit der Unterstützung der Bürgerinitiative gegen den Bau einer Freileitung vorgehen. Insbesondere ist das für mich (aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung, bitte diese genau benennen) ein Akt der Notwehr.“

Zum Abschluss möchten wir Sie nochmals bitten, insbesondere folgende Punkte zu Ihrem eigenen und zum Wohl von uns allen zu beherzigen beziehungsweise zu berücksichtigen:

● Bitte vergessen Sie nicht: Wer keinen Einwand (Widerspruch) einlegt, ist nicht im Verfahren. Ihr oder sein berechtigtes Anliegen werden in Zukunft nicht gehört.
● Sagen Sie bitte nicht: „Gegen die Überland-Starkstromtrasse können wir sowieso nichts unternehmen.“ Wer das sagt, der irrt und nur der hat schon verloren. Alle anderen Betroffenen nicht.
● Bitte machen Sie alle von Ihrem Beteiligungs- und damit Gestaltungsrecht Gebrauch: Formulieren Sie Ihre persönlichen Bedenken und Einwendungen gegen die Freileitung. Erläutern Sie Ihre persönliche Betroffenheit. Bitte unterschreiben Sie Unterschriftenlisten nur in Ergänzung zu Ihren individuellen Einwendungen.
● Äußern Sie bitte nicht – auch wenn Sie weit von der geplanten Trasse wegwohnen: „Damit habe ich nichts zu tun.“ Denken Sie bitte an Ihre Nächste oder Ihren Nächsten. Mit Ihrem Einwand gegen die Überlandtrasse und der Forderung einer unterirdischen wassergekühlten Minimal-Trassen-Technologie helfen Sie Ihren Nachbarn, Freunden, Verwandten, Bekannten, Mitmenschen in Ihrer näheren und weiteren Umgebung. Damit tragen Sie im Zweifelsfall dazu bei, dass die betroffenen Familien auch in Zukunft in Frieden mit sich und der Umwelt leben können.
● Lassen Sie sich bitte bezüglich des Mitnahmeversprechens der 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung – an den in unter anderem Kellerhöhe und Bethen geplanten Überlandmasten – nicht auseinanderdividieren. Denn: Auch diese Leitungen können menschenverträglich als Erdverkabelung realisiert werden. Auch in diesem Fall gilt zweifelsfrei: Es ist nicht eine Frage von Können, sondern ausschließlich von Wollen.
● Und machen wir uns alle gemeinsam bitte nichts vor: Dort, wo die geringsten Widerstände aus der Bevölkerung vorhanden sind, genau da wird die 380.000 Volt Überland-Starkstromtrasse bald realisiert. Wer seine Argumente deutlich vernehmbar, persönlich und faktenreich vorbringt, hat die besten Karten. Im Übrigen ist das der erste Schritt zur Realisierung einer für uns Menschen deutlich verbesserten Lösung – und zwar der wassergekühlten Minimal-Trassentechnologie.
● Ergänzungen zu diesen Anregungen sind jederzeit sehr willkommen. Ihre Vorschläge werden wird gerne in zukünftige Fassungen einarbeiten und auf unserer Internetpräsenz veröffentlichen. Vielen Dank für Ihre Hilfe.

1 Vgl. zum Beispiel Seomun G, Lee J, Park J (2021) Exposure to extremely low-frequency magnetic fields and childhood cancer: A systematic review and meta-analysis. PLoS ONE 16(5): e0251628. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0251628; Agence nationale de sécurité sanitaire [Französische Gesundheitsbehörde ANSES]: Effets sanitaires liés à l’exposition aux champs électromagnétiques basses frequencies [Gesundheitliche Auswirkungen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern niedrige Frequenzen], Pressemitteilung vom 21.06.2019.
2 International Agency for Research on Cancer (IARC), World Health Orgnaisation (WHO), Non-ionizing Radiation, Part 1: Static and Extremly Low-frequenzy (ELF) Electric and Magnetic Fields, IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans Volume 80, Lyon 2002, S. 338; IARC, WHO, Press Release Number 208, 31.05.2011.
3 Bundesamt für Strahlenschutz: Rechtliche Regelungen und Grenzwerte für den Bereich der niederfrequenten Felder im europäischen Vergleich, aufgerufen am 27.09.2021.
4 Liste der in Deutschland vorkommenden Arten des Anhangs IV und V der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie, www.ffh-gebiete.de/ffh-anhangiv-anhang4-anhangv-anhang5/, aufgerufen am 21. Juli 2017; Vgl. auch Planungsgruppe Grün GmbH im Auftrag der Stadt Cloppenburg, Neubau einer innerstädtischen Entlastungsstraße (Südtangente) Cloppenburg – Allgemein verständliche Zusammenfassung der Umweltauswirkungen nach § 6 UVPG, ausgelegt vom 2. bis 16. Mai 2017 im Rathaus der Stadt Cloppenburg.
5 Vgl. unter anderem Süddeutsche Zeitung Online, 19.10.2007.
6 Naturschutzbund Deutschland, Mitteilung vom 6. März 2017.
7 Heinrich Brakelmann, Lorenz J. Jarass: Wissenschaftliches Gutachten zu Geplanter Netzausbau im Raum Cappeln: Notwendigkeit und Alternativen, Überarbeitete Fassung vom 11.05.2017.
8 Wikipedia: NorNed, aufgerufen am 28.09.2021.
9 Erdverkabelung – TenneT, aufgerufen am 20.09.2021.
10 Netzentwicklungsplan Strom 2030, Version 2019, 2. Entwurf, Aktualisierung Januar 2020, S. 395.
11 Brakelmann/Jarras: Netzausbau im Raum Cappeln; Brakelmann/Jarras: Erdkabel für den Netzausbau – Höchstspannungskabel, Drehstrom und Gleichstrom, Minimaltrassen, Zuverlässigkeit, Kosten, 5. Juni 2019.
12 TenneT, HGÜ-Erdkabel, Bayreuth 2015.
13 Zit. nach Brakelmann/Jarras, Netzausbau im Raum Cappeln.
14 Ebenda.
15 Zit. in ebenda.
16 Ebenda.
17 Germanwatch (David Eckstein/Vera Künzel/Laura Schäfer): Global Climate Risk Index 2021 – Who Suffers Most from Extrem Weather Events?, Bonn und Berlin 2021, S. 42-47.